Hochschwulwahlen an der Uni Gießen 2013 (2)

Wir stellen nun die „Erkenntnisse“ vor, die wir aus dem Lesen der einzelnen Wahlprogramme erhalten haben. Warum wir uns die Wahlprogramme nach den einzelnen Gesichtspunkten angeschaut haben, erläuterten wir hier. Falls ihr Ergänzungen habt oder Ungenauigkeiten erkennt: Einfach in die Kommentare posten oder uns zumailen. Wie gesagt; wir sprechen keine Wahlempfehlungen aus.

(1) nicht-heteronormative Identitäten

„sds.dieLinke“ sprechen sich für einen Kampf „gegen Heteronormativität und Homophobie“ aus, und wollen explizit auch Transgender-Personen mit ihrem Wahlprogramm ansprechen. Auch wenn sie „Intersexualität“ als Geschlechtsidentität deuten, so erwähnen sie immerhin auch Inter*-Personen als einzige Liste in ihrem Wahlprogramm.

„Unsere Uni. „sprechen sich „für die Rechte aller Personen jeglicher sexueller Orientierung“ aus.

Die „Queere Liste“ versteht „queer als nicht-heteronormativ. Durch politische Aktionen wollen wir gegen bipolare Geschlechternormen vorgehen.“

„Demokratische Linke“ erwähnt nicht explizit sexuelle Identitäten von Studierenden, bezieht sich jedoch immerhin auf Homosexuelle, die auch während des Zweiten Weltkriegs (und danach) verfolgt wurden. Ausserdem werden die beiden Referate Queer-Feministisches-Frauenreferat und Schwulen-Trans*-Queer-Referat explizit erwähnt.

Die „Jusos“ erwähnen, dass Personen immer noch auf Grund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden.

„Uni Grün“stehen für einen AStA, der sich gegen Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung ausspricht.

Keine Erwähnung finden sexuelle Identitäten bei: „LHG“, und , „Dachstuhl-Philosoph“.
„Projekt Zukunft!“ und RCDS („Die StudentenUnion“) äußern sich wie im letzten Jahr sehr ähnlich und sehr allgemein.

(2) „Gendern“

„Die Demokratische Linke“ benutzt das Gender_Gap. Abwechselnd „*“ („Fachabiturient*innen“) und „_“ (Amtsträger_innen).

„sds.dieLinke“ verwenden das Gender_Gap mit *, in Verbindung mit dem Binnen-I (Student*Innen), um „auf die bestehende Ungleichberechtigung zwischen Männern und Frauen explizit“ hinzuweisen, sowie viele möglichen Geschlechtsidentitäten anzusprechen. Im Wahlprogramm werden jedoch auch Verlaufs-Formen verwendet (Studierende), weiterhin neutrale Formen (Personen).

„Uni Grün“ benutzen Binnen-I und zudem Verlaufsformen (MitarbeiterInnen, Dozierende.…).

„Die Jusos“ benutzen wieder Binnen-I (BürgerInnen), Gender_gap (Germanist_innen), jedoch auch das generische Maskulinum (Entscheidungsträger), weiterhin die explizite Erwähnung beider Geschlechter. („Absolventinnen und Absolventen“)

„Unsere Uni.“ wechselt zwischen Verlaufsformen („Studierende“), Gender_Gap (Vertreter_innen), generischem Maskulinum (Akteure).

Die „Queere Liste“ benutzt neutrale Formen (Personen, Mitglieder), Verlaufsformen (Studierende),

Die „LHG“ benutzt Verlaufsformen („Studierende“, „Lehrende“) und das Generische Maskulinum („Studentenpartys“, „Professoren“)

Ausschließlich in generischem Maskulinum schrieben: „StudentenUnion (RCDS)“ und „Projekt Zukunft!“
„StudentenUnion (RCDS)“ und Projekt Zukunft! trieben dies soweit bestehende Institutionen, wie das Studierendenparlament oder den Allgemeinen Studierendenausschuss lieber „Studentenparlament“ und „Studentenausschuss“ zu nennen.

(3) Feminismus und Gleichstellung

„Unsere Uni.“ ist für „effektive Frauenförderung, für die Durchsetzung der Gleichberechtigung auf allen Ebenen.“ Ausserdem sprechen sie sich gegen ein „rein männlich besetztes Universitätspräsidium, wie derzeitig der Fall,“ aus.

Die „Jusos“ sind für die Gleichstellung von Frauen und Männer. So fordern sie z.B. den Ausbau der Rechte der „Frauenbeauftragten der JLU, wie z.B. ein Stimmrecht im Senat.“

Die Queere Liste: „Studierende sollen besser vor sexistischen Übergriffen in der Uni geschützt werden. Hierzu wollen wir ein Konzept für eine zentrale Anlaufstelle erarbeiten und eine solche etablieren. und schneller dagegen vorgehen können , ohne Angst vor Benachteiligung in ihrem Studium zu haben.“ Des Weiteren fordert die Liste „eine Frauenquote im AStA, da hier im durchschnitt die Anzahl der männlichen * Referenten in Relation zu den weiblichen * Referentinnen übermäßig hoch ist. (…) Außerdem fordern wir ein Geschlechterverhältnisse-Referat im AStA, welches sich vornehmlich den Themenfeldern Geschlechterverhältnisse, Gleichberechtigung und allen dazugehörigen Thematiken widmet.“

Die „Demokratische Linke“ erklären sich Teil einer feministischen Jugendbewegung. Konkret kritisieren sie die Unterrepräsentation von Frauen in Gremien, Organisationen, aber auch in der studentischen Selbstverwaltung. „Für zukünftige Koalitions-verhandlungen ist unser erklärtes Ziel, es mehr Frauen zu ermöglichen, sich in der Hochschulpolitik aktiv einzubringen.“

„sds.dieLinke“ sprechen sich für „die konsequente und praktische Gleichberechtigung von Frauen* und Männern*!“ aus, sprechen dabei auch den Punkt an, dass mehr weibliche als männliche Personen an der Universität eingeschrieben sind, jedoch der prozentuale Anteil in höheren Qualifikationsgraden deutlich abnimmt.

Keine explizite Erwähnung findet Feminismus und Gleichstellung bei: „LHG“, „Uni Grün“, „Dachstuhl-Philosoph“
Explizit gegen „Frauenquoten“ sprechen sich „StudentenUnion (RCDS)“ und „Projekt Zukunft!“ aus.

(4) Erwähnung der Autonomen Referate

Die „Jusos“ erwähnen das queer-feministische Frauenreferat und das Schwulen-Trans*-Queer-Referat nur indirekt: „Die tatsächliche gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung mit Heterosexuellen ist noch immer ein unerreichtes Ziel. Auch deswegen unterstützen und begleiten wir kritisch konstruktiv die Arbeit der autonomen AStA-Referate bei diesen satzungsgemäßen Kernaufgaben!“

„Unsere Uni.“ benennt alle autonomen Referate explizit. QFFR und STQR werden explizit hervorgehoben und für unterstützenswert befunden.

„sds.dieLinke“ begrüßen die „die Arbeiten des Queer-Feministischen-Frauenreferats sowie des Schwulen-Trans*-Queer-Referats. Die vom AStA beschlossenen Kürzungen deren Haushalts sehen wir als einen großen Rückschritt in eine reaktionäre Richtung, gegen welche wir uns stark aussprechen.“

Die „Queere Liste“ erwähnt, dass Mitglieder der Liste aus dem Umfeld des autonomen queer-feministischen Frauenreferats und des autonomen Schwulen-Trans*-Queer-Referats kommen.

Die „Demokratische Linke“ hat dieses Mal einen ganzen Punkt „Autonome Referate“ in ihr Programm aufgenommen, bei dem sie die autonomen Referate an der JLU ihrer Meinung nach ein bedeutender Teil der Studierendenschaft darstellen. „Von ihnen gehen eine Reihe wichtiger Projekte aus. So organisiert
das Queer-feministische Frauenreferat kontinuierlich Vorträge, Lesungen und Filmabende zu feministischen und queeren Themen. Darüber hinaus war es – genau wie das Schwulen- Trans*-Queer-Referat – maßgeblich an der Organisation des Christopher-Street-Day Mittelhessen beteiligt. Letzteres veranstaltete zudem die erste in Gießen stattfindende Trans*- Tagung.“

Nicht erwähnt werden Autonome Referate von „Uni Grün“, „Dachstuhl-Philosoph“.

Die StudentenUnion (RCDS) würde gerne anstatt des QFFRs und des STQRs ein Gleichberechtigungsreferat einführen. Das „Projekt Zukunft!“ hat auch diese Forderung übernommen und würde diesem Referat eine einzige Stelle einräumen. Dies hieße, dass mit einer einzigen Stelle die Arbeit von momentan 8 Personen gedeckt werden würden. Die Arbeit soll also dem Wunsch der (beiden) Liste(n) minimiert werden. Trotzdem erwähnt „Projekt Zukunft!“ alle autonomen Referate samt Links zu den Webseiten, auch wenn der Link zur STQR-Seite fehlerhaft ist. Dies bedingt durch einen Blog-Umzug im Dezember.

Die „LHG“ spricht sich für eine Unterstützung der Ausländischen Studierendenvertretung aus und auch Studierende mit Kindern werden erwähnt. Wieder unerwähnt bleibt das queer-feministische Frauenreferat (QFFR) und das Schwulen-Trans*-Queer-Referat (STQR). Gleichstellung und Frauenförderung scheinen immer noch keine Schwerpunkte der LHG zu sein.

(5) Rechtsradikalismus

„Linke.SDS“ definieren sich explizit antifaschistisch und antimilitaristisch und schreiben von der Fortführung ihrer Tätigkeit im Bündnis gegen Rechts und sprechen sich für die Zusammenarbeit und Förderung von linken Strukturen der Stadt (Gießener AntiFa, AK44/Infoladen, Café Amélie) aus.

„Unsere Uni.“ stehen für kulturelle Vielfalt und Toleranz. Sie lehnen Rassismus ebenso, wie Burschenschaften und schlagenden Verbindungen ab.

Die Jusos lehnen Rassismus, Burschenschaften (Sexismus, Nationalismus, etc.) ab und sehen „Verstrickungen zwischen Neonazis, Burschenschaften und dem RCDS“.

„Demokratische Linke“: „Rassistische, nationalistische oder geschichtsrevisionistische Einstellung gab und gibt es auch in der Studierendenschaft der JLU. Wir als Hochschulgruppe sehen es als unsere Aufgabe, solchen Einstellungen konsequent entgegen zu treten, im Studierendenparlament und an der gesamten Universität.“

Keine Erwähnung von Rechtsradikalismus, Rassismus, usw. findet sich in den Wahlprogrammen von: „Projekt Zukunft!“, „StudentenUnion (RCDS)“, „Uni Grün“, „Dachstuhl-Philosoph“, „Queere Liste“.

Im Gegensatz zum letzten Jahr spricht sich die „LHG“ nicht mehr gegen „rechtes Gedankengut“, Nazis und „rechte Strukturen im Umfeld der JLU“ aus.

„Projekt Zukunft!“ will „dem politischen Links- und Rechtsextremismus innerhalb der Verfassten Studentenschaft entgegen (…) wirken.“

(6) Barrierefreiheit

„Jusos“ erwähnen die Teilhabe von Studierdenen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. Es wird angemerkt, dass der Zustand immer noch so sei, dass „gehbehinderte Studierende oder Studieninteressierte nicht in jeden Vorlesungssaal gelangen oder uneingeschränkt auf einer Audimax-Party feiern. Sehbehinderte haben immer noch keinen barrierefreien Zugang zu den Internetportalen der Universität, obwohl dies schon längst Bestandteil des europäischen Standards ist“.

„sds.dieLinke“ sprechen sich für die konsequente Umsetztung der EU Behindertenrechtskonvention, um eine barrierefreie und reibungslose Teilhabe am universitären Bildungssystem zu ermöglichen.“ aus. „Auch ist der barrienefreie Zugang für Menschen mit Behinderung noch nicht zufriedenstellend
verwirklicht. So stellt es insbesondere für Menschen mit Sehbehinderung ein grosses Problem dar, den Lehrveranstaltungen aktiv zu folgen. Der ungehinderte Zugang zu Bildung ist ein zentrales Menschenrecht!“

Die „Demokratische Linke“ nimmt Bezug auf Behinderung, wenn es um die Verfolgung von Personen mit Behinderungen im Nationalsozialismus geht.

Die „Queere Liste“ fordert „umfassende Barrierefreiheit in sämtlichen Bereichen der Uni, um damit möglichst allen Menschen die Teilnahme am Studium zu ermöglichen.“

„LHG“ erwähnt „körperlich Behinderte“. Sie sprechen sich für die Priorität von Barrierefreiheit gegenüber Denkmalschutz oder ästhetischen Erwägungen aus.

„Unsere Uni.“ erwähnen Behinderung. Es wird der Verein „Zentrum selbstbestimmt Leben Gießen e.V.“ erwähnt und sich für die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention an der Universität ausgesprochen.

Barrieren werden nicht konkret von folgenden Listen benannt „StudentenUnion (RCDS)“, , „Projekt Zukunft!“, „Dachstuhl-Philosoph“,

Uni Grün: Im Gegensatz zum letzten Jahr findet Barrierefreiheit und Behinderungen keine Erwähnung mehr. Politisch eher unkorrekt wird sich jedoch für einen AStA ausgesprochen, der sich gegen Diskriminierung wegen körperlichen und geistigen „Besonderheiten“ einsetzt.

(7)Sonstiges

Die „StudentenUnion (RCDS)“ und „sds.dielinke“ haben zu einem frühen Zeitpunkt Ende November/Anfang Dezember ihre Wahlprogramme vor allen anderen Listen auf ihre jeweiligen Webseiten gestellt.

„Uni-Grün“ist für die Verbesserung des veganen Angebots in der Mensa, sowie gegen Tierversuche an der JLU, bei der „jährlich viele Tiere“ sterben.

Die „Demokratische Linke“ sieht wichtige Veranstaltungen wie die Trans*-Tagung und den CSD in Gefahr und kündigt an Änderungsanträge bezüglich des Haushalts im Studierndenparlament einzubringen, da sie der Meinung sind, „dass die Folgen der finanziell desaströse Lage des AStA nicht auf dem Rücken derjenigen abgewälzt werden dürfen, die im hochschulpolitischen Kontext zu den Engagiertesten gehören. Stattdessen sollte sich die derzeitige Koaltion an die eigene Nase fassen und bedenken, dass die schwierige Haushaltssituation erst durch ihr eigenes Versagen entstand. Beim letzten Sommerfest etwa wurden ungefähr 40.000 Euro Verlust gemacht. Mit dem hohen, aber notwendigen Finanzbedarf der autonomen Referate hat dies nichts zu tun.“

Wie vor einem Jahr streben die „Jusos“ immer noch eine Aufklärungskampagne zum Thema HIV/AIDS, in Verbindung mit Initiativen/Vereinen, wie der Aids-Hilfe Gießen, an.

„sds.dieLinke“ fordern „die Umbenennung des Studentenwerks in Studierendenwerk“ und „die Umbenennung des Otto-Eger-Heims sowie des Wilhelm-Hanle-Saals in der Physik, da mit dieser Namensgebung Träger antidemokratischen Gedankenguts zu unrecht gewürdigt werden“.

„Unsere Uni.“ sprechen sich für den Ausbau des veganen Angebots, als auch von regionalen-, sowie Fairtrade-Produkten aus.

Die „Queere Liste“ „fordert, die Gender Studies auszubauen und die Einführung der Queer Studies, um in diesem Bereich intensiver forschen zu können. „Zudem fordern wir einen Master mit dem Schwerpunkt Gender Studies. Auch fordern wir mehr Lehrveranstaltungen mit Schwerpunkt auf feministischen und queeren Themen.“

Die StudentenUnion (RCDS) hat ihr Wahlprogramm nur marginal verändert. Ein wichtiger Punkt unter den weiteren Forderungen (4.1.4. in ihrem Wahlprogramm) ist eine Forderung an die Mensa: „Austausch von Club-Cola gegen die altbekannte Coca Cola.“ Dafür gestrichen im Gegensatz zum letzten Jahr wurde der auch ebenfalls sehr erhebliche Punkt „Neue Seifenspender in der Universität (Kein Drehmechanismus; flüssige Seife, statt Pulver)“, welcher im letzten Jahr im Wahlprogramm stand. Die anderen Punkte sind meist wortgleich.

In der Liste „Projekt Zukunft!“ treten Personen aus Burschenschaften und Verbindungen, wie z.B. Germania, Unitas Maria Montessori, Alemannia, … zur Wahl an.
„Projekt Zukunft!“ ist gegen die Förderung von globalisierungskritischen Filmfestivals.

Dass die Wahlprogramme von „StudentenUnion (RCDS)“ und „Projekt Zukunft!“, ebenso wie im letzten Jahr, in vielen Teilen im Wortlaut miteinander übereinstimmen ist höchst mysteriös.

Die Liste „Dachstuhl-Philosoph“ ist eine Spaßliste.

Links zu den Webseiten/Blogs der einzelnen Listen:
1. UniGrün – die grüne Hochschulgruppe
2. Jusos – Kein Bett im Kornfeld!
3. Unsere Uni.
4. Die StudentenUNION – Projekt Bildung & Zukunft
5. Projekt Zukunft! (Keine Webseite bekannt)
6. Demokratische Linke – radikaldemokratisch – emanzipatorisch – parteiunabhängig
7. Liberale Hochschulgruppe (LHG)
8. sds.dielinke
9. Queere Liste (Keine Webseite bekannt)
10. Dachstuhl-Philosoph

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